FERNSEHEN UND FUSSBALL - DAS KARTELL ?
Am 11.12.1997 entschied der Bundesgerichtshof: Die Zentralvermarktung der Europapokalspiele der deutschen Teilnehmer durch den DFB ist unzulässig. Der Auffassung des Bundeskartellamtes wurde Recht gegeben. Dieses Urteil löste erhebliches Geschrei im Fussball aus, der Untergang der Bundesliga durch eine entstehende Schere Arm/Reich wurde sogleich, und wie zuletzt bei jedem Konflikt mit dem Gesetz, an die Wand gemalt. Sogar zu erwogenen schnellen Gesetzesinitiativen zur Änderung des Kartellrechts mit einer Ausnahmeregelung für den Sport hat dieser künstliche Aufruhr erfolgreich geführt. Dahinter steckt weniger die Angst vor den Konsequenzen des konkreten Urteils als eine Art Panik vor der Situation, die entstehen könnte, wenn sich das Bundeskartellamt demnächst erfolgreich mit der Frage beschäftigen könnte, ob denn auch der Zentralvermarktung der Bundesligaspiele eine unzulässige Kartellbildung zugrunde liegt...
DAS KARTELL 
 
 

1. Worum es bei dem Urteil wirklich geht  
 

Nun, der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das Bundeskartellamt hat recht: Die zentrale Vermarktung der Europapokalspiele der deutschen Mannschaften im UEFA-Cup und Europapokal der Pokalsieger verstösst gegen das Kartellrecht. Ab der kommenden Saison können (oder müssen) die Vereine nun selbst mit den Sendern bzw. den Rechtehändlern und Vermarktern über die Übertragungsrechte verhandeln.  
Nicht untersagt, obwohl der Eindruck hier und da erweckt wurde, hat der BGH (und auch nicht das Kartellamt) die Solidargemeinschaft der Bundesligisten. Wenn diese tatsächlich existieren sollte, kann sie also problemlos fortgeführt werden. Ein Verein, der eine bestimmte Summe einnimmt, darf auch weiterhin Anteile an andere, weniger gut gestellte Vereine abführen.  
 

Untersagt wurde aber, die Vermarktung in einem Kartell zu bündeln und somit den Markt künstlich zu regeln, anstatt die Kräfte des freien Wettbewerb wirken zu lassen. Diese künstliche Regelung, so argumentierten die Wettbewerbshüter,  führe zu einer Aufteilung des Marktes, der überhöhte Einnahmen aus der Werbung, und somit überhöhte Rechtepreise möglich machten. 

Zur Erklärung später mehr, dieses wird am Beispiel des gesamten Fussballs und der Fernsehsituation weitaus besser verständlich zu erklären sein. 

  NEXT PAGE 
 
 
This is a component of
THE SHOT THAT PASSED RIGHT THROUGH THE NET
© by
**### INSTITUT F. UNIVERSELLE ZUSAMMENHÄNGE
 
 
 
 
  1. Das Urteil - worum es bei dem Urteil wirklich geht
2. Die drohenden Konsequenzen - kann man ihnen nicht anders problemlos begegnen?
3. Warum die Bundesliga tatsächlich ein erfolgreiches Kartell ist
4. Die Beteiligten und ihr Interesse am Erhalt des Kartells 
5. Der Fussball und sein Verhältnis zu Recht und Gesetz
  
 
 
 
 
 
 
 

 

 

2. Die drohenden Konsequenzen - kann man ihnen nicht anders problemlos begegnen  
 

Da die Spiele der unattraktiven Vereine billiger werden sollten, die der Attraktiven teurer, dürfte sich an der Gesamtsumme der Einnahmen wegen der paar Europapokalspiele, bliebe diese Entscheidung die einzige, sowieso nicht allzu dramatisch viel ändern. Und würde die Gesamtsumme der Einnahmen gar steigen, hätte die Bundesliga nun gar nichts zu meckern. Würde sie niedriger, auch nicht, dann hätte das Bundeskartellamt nämlich völlig recht gehabt.  

Trotzdem veranstaltete die Bundesliga vor und während des Urteils viel Geschrei. Vom Verlust des Solidarpaktes war die Rede, vom Untergang des Fussballs. Vereine wie Dortmund und Bayern könnten demnächst noch mehr einnehmen während Vereine wie Wolfsburg oder Bochum demnächst noch weniger hätten und ihre Wettbewerbsfähigkeit verlören. Immerhin, die schon bestehenden, angeblich so dramatischen Unterschiede (die es eigentlich in anderen Größenmaßstäben für beide Seiten immer schon gegeben hat), diese Unterschiede an Mitteln reichten nicht, um zu verhindern, daß Dortmund bis zu diesem Urteil in dieser Saison weniger Spiele gewonnen als verloren hat oder aber Kaiserslautern als letztjähriger Zweitligist und somit auch Nicht-Europapokal-Teilnehmer trotzdem an der Spitze der Tabelle steht. Im Grunde scheint es mit der Solidarität doch ganz einfach: Es wird einfach ein bestimmter Prozentsatz abgeführt und schon ist der Topf wieder voll.  
 

 
 
 
 
  1. Das Urteil 
2. Die drohenden Konsequenzen
3. Die Bundesliga ein Kartell?
4. Die Beteiligten und ihr Interessen
5. Fussball und Rechtsverständnis
  
Und wenn man unbedingt will, kann man sogar mit einer progressiven Kurve 'solidaritätsbesteuern'. Gegen solche Solidarität hat das Bundeskartellamt ja überhaupt nichts einzuwenden gehabt.  
Was passiert also?: Die Gehaltsschere zwischen Bayern und Bochum kann weiter auseinandergehen. Dann kann Bayern Bochumer Spieler aus dem Vertrag herauskaufen und das Geld fliesst wieder als Ablösesumme zurück. Oder man vereinbart freiwillige Ausgleichszahlungen in einen Ausbildungs-Pool. Würde der Wettbewerb in der Bundesliga langweilig, wird Bayern schon Gegenmaßnahmen ergreifen. Schon heute geschieht dies indem Traditionsvereinen unter die Arme gegriffen wird. Bayern dürfte außerdem nicht die einzige Mannschaft sein, die Spiele erfolgreich vermarkten kann. Wichtig muß sein, dass man verhindert, dass eine Mannschaft den Markt leerkauft, nur damit die Spieler nicht für jemand anders spielen, um dann 60 Mann Reserve auf der Tribüne zu versammeln.  
 

Dies ist in den USA beim American Football schon lange geregelt: Es gibt eine Kader-Obergrenze: Für jeden verpflichteten Spieler muss man auch einen freigeben, für verletzte Spieler auf der Injured-Reserve-List können dazu vorübergehend Free Agents verpflichtet werden. In den USA gibt es dazu sogar noch Gehaltsobergrenzen (Gesamt-Budget-weise) um die Mannschaften ausgeglichen zu halten. Dies ist aber ebenso umstritten wie übertrieben, ausserdem auch eine Absprache der Vereine, mit dem Ziel, sich nicht von den Spielern ausspielen lassen zu können. Eine Folge: Es gibt auch Spieler-Streiks. Zu einer interessanten Liga-Struktur gehört genauso wie die Schlagbarkeit eines jeden, die, solange beide mit 11-Mann auflaufen dürfen, relativ gesichert ist, auch die Charakteristika einzelner Vereine. Teams, die alle gleich stark sind, bilden auch eine langweiige Gruppe. Wenn Charaktäre wie  Freiburg neben einem FC Bayern koexistieren, polarisiert der Fussball die Fans dank Identitäten und kreiert so ein viel stärkeres Interesse.Vereine haben so nicht nur einen Namen, sondern auch eine Identität.  

Warum also dieses Geschrei? Die Antwort: Die Angst geht um, das Kartellamt könnte auch bei der zentralen Vermarktung der Bundesligaspiele aktiv werden. Hier wären die Konsequenzen, wie die nachfolgenden Absätze illustrieren sollen, wesentlich effektiver. Und: Eigentlich hat das Kartellamt keine Wahl. Es muss sich mit dieser Frage beschäftigen. Und: Es ist eigentlich völlig klar: Es ist ein Kartell. Und es ist unzulässig...  
 

  NEXT PAGE 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

3. Warum die Bundesliga tatsächlich ein erfolgreiches Kartell ist  

Interessant also wird die ganze Sache erst, wenn man sie als Testballon für die Bundesliga-Rechte betrachtet. Hier liegt die Sache nämlich völlig anders. Hier kann man nämlich zunächst einmal ohne Mühe eine künstliche Verknappung an Live-Spielen für das frei zugängliche Fernsehen, also das nichtverschlüsselte Fernsehen, feststellen. In einem freien Markt würde sich sicherlich eine ganz andere Zahl von Spielen in diesen Fernsehprogrammen wiederfinden. So hat eine Reihe von Vereinen auch gar nicht die Möglichkeit, für ihr Angebot Stadionbesuch auf eine solche Art und Weise Werbung zu machen, und einen 'to know is to love'-Effekt zu installieren.  
In der Regel sind 14 der 18 Teams überhaupt nicht in einem stimmungsvollen Bundesliga-Spiel Live zu sehen (nur 5 Spiele in der Saison bei SAT1, meistens mit Bayern plus Partner), sondern allenfalls bei tristen Vorbereitungsspielen, in Hallenturnieren oder beim UI-Cup-Gekicke.  
Da (1) aufgrund der einzigartigen Position des Fussballs keine andere Sportart mit ihrer Liga vergleichbar konkurrieren kann, (b) es auch zweifelhaft ist, ob der Fussballfan mit einer anderen Sportart wirklich zu befriedigen ist, und (c) aufgrund der gegenwärtigen Verbandskonstruktion eine Konkurrenz-Fussball-Bundesliga kaum auch nur eine Startchance hätte, läßt es sich kaum vermeiden zu untersuchen ob es sich nicht hier um ein Angebotskartell handelt. Oder, ob die Fussball-Bundesliga, wenn sie selbst und nicht ihre Vereine als Veranstalter gesehen würde, ihre marktbeherrschende Stellung nicht illegitim mißbraucht.  
 
Worin liegen aber die Vorteile dieser Verknappung für die Vereine? Mehr Übertragungen sollten doch mehr Einnahmen bedingen? Diese Frage muß man von verschiedenen Seiten untersuchen.  
 
 

 
 
 
 
  1. Das Urteil 
2. Die drohenden Konsequenzen
3. Die Bundesliga ein Kartell?(1)
4. Die Beteiligten und ihr Interessen
5. Fussball und Rechtsverständnis
  
 
 
 
 
 
 
 
 
Der erste Punkt: Man darf den Fernsehmarkt nicht allein für sich betrachten. Die Fussball-Bundesliga hat ein Interesse nicht nur an Fernseh-Einnahmen. Die Zuschauer sollen ins Stadion kommen. Seit jeher wird die Werbewirkung der Übertragungen unterschätzt und seit jeher grassiert die Angst, zuviele Übertragungen könnten die Zuschauer vom Stadionbesuch abhalten. Es könnte auch durchaus zu Zuständen kommen, daß Spiele wie in England um 11 Uhr morgens oder wie in zahlreichen anderen ländern Montags abends usw. ausgetragen werden.  
 
 

Der zweite Punkt: Man darf in dieser Frage die Übertragungsrechte der Bundesliga nicht völlig von den anderen Übertragungsrechten abkoppeln. Der Fussball erzielt Gesamteinnahmen mit der geschickten Steuerung der Übertragungsrechte in einem limitierten Wettbewerb, Gesamteinnahmen, die sich aus einem geschickt geschnürten Paket von Pokal-, Europapokal-, Meisterschafts- und Länderspielen zusammensetzen. Auf einer gleichzeitig zu beobachtenden anderen Ebene wird das anscheinend Beste aus der mutmaßlich geschickten Verteilung auf die verschiedenen existierenden Fernsehformen (Abonnement-Pay-TV, öffentlich-rechtlich-finanziertes TV und werbefinanziertes sogenanntes Free-TV) herausgeholt.  

So kommt eine Reduzierung der möglichen Bundesliga-Begegnungen den Europapokalübertragungen zugute: Niemals würde ein Spiel VfB Stuttgart-IB Vestmannxydfszyär oder VfB Stuttgart-Germinal Ekereren ein derartiges Interesse der Sender an einer Übertragung auslösen, wenn das Bundesligaspiel 1.FC Kaiserslautern-Bayern München oder auch nur das den eventuell selben Zielgruppenkreis ansprechende Spiel VfB Stuttgart-Schalke 04 live übertragen werden könnte.  
Das es sich hier um eine künstliche Regulierung handelt wird besonders deutlich, wenn man das Vorbereitungsgegurke von Wolfsburg-Duisburg live aus irgendwo in Spanien live im TV hereingewürgt bekommt, das gleiche Spiel als Bundesligapartie nicht gezeigt werden kann. Auf einem freien Markt wäre es umgekehrt gewesen. 

Nur die künstliche Verknappung der Bundesliga-Livespiele macht diesen Zustand möglich. Und er führt zu eigenartigen Blüten: Da immer noch die Nachfrage nicht gesättigt ist, erzielen sogar Dritt- und Viertligaspiele beachtliche Einschaltquoten: Fulda-Ulm und Aschaffenburg-Offenbach statt Dortmund-Schalke oder Bayern-60. Während der Event Offenbach-Memmingen vermarktet werden konnte, hat der Arminia Bielefeld - Fan nicht die Möglichkeit, seinen Klub im Fernsehen zu sehen. Oder anders ausgedrückt: Arminia Bielefeld hat auch nicht die Möglichkeit, seine Spiele zu vermarkten und über Live-Übertragungen Fans zu werben.  
Arminia Bielefeld mag es nun in der Tat für besser halten, der Wettbewerb der Live-Spiele ist ausgeschaltet und die Werbung findet über die Bundesliga-Sendung Ran statt. Hier ist man im Vergleich zum Zuschauerinteresse dann eher überproportional vertreten. Kurzfristig Leidtragender (es könnten auch noch andere Folgen auftreten, man darf das Problem nicht nur eindimensional betrachten)  ist der TV-Fan. Es wird teures Geld bezahlt für die Häppchen, die SAT1 abends serviert (O-Ton Harald Schmidt: 'Wie heisst noch der Typ, der Samstags die Werbung moderiert? Ach ja, Reinhold Beckmann...'). Der 'wirkliche' Fussball, der hier zwischen Zeitlupenwiederholungen, Schwenks auf Prominente und Reaktionen von an der Seitenline stehenden Betreuern zu sehen ist, übersteigt in der Länge nur unwesentlich das, was in einem weiteren Gerichtsverfahren als kostenlose Kurzberichterstattung in Nachrichtensendungen schon wieder strittig ist.  
   
 

  NEXT PAGE 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

Forts. (3) (Warum die Bundesliga tatsächlich ein erfolgreiches Kartell ist)  
 
 

Was ist der Vorteil einer solchen künstlichen Marktaufteilung, 'Marktsegmentierung', genannt?  

1) Jede Sendung ist in der Zielgruppe konkurrenzlos. Das bedeutet, es findet keine Aufsplittung der Zuschauer statt. Das bedeutet: a) ein geringerer Aufwand, um dieselbe Menge an Zuschauern zu erreichen, b) diese sehen nur die Spitzenware bei der der Fussball aufgrund der Bündelung des Übertragungsaufwand in Inhalt (hoffentlich bestes Spiel) und Präsentation (maximale Kamerazahl, beste Kommentatoren) am günstigsten dargestellt werden. Doch (c) ist der wichtigste Punkt: Hohe Einschaltquoten erzielen überproportionale Werbepreise. Als ganz vereinfachte Rechnung dargestellt: Fall 1: 10 Millionen Zuschauer teilen sich auf auf 3 Spiele. Fall 2: 10 Millionen Zuschauer schauen 1 Spiel. Fall 2 erzielt wesentlich mehr Einnahmen als die drei Spiele von Fall1 zusammen, obwohl diese 3x soviel Werbezeit plazieren können. Dieses Phänomen ist Angebot-und-Nachfrage bedingt und liegt an der Preisstruktur der Sender, den Interessen der Werbetreibenden und an den gegebenen Vorschriften zur Begrenzung der Werbemöglichkeiten. So sind auch hier die besten Plätze begrenzt und somit vom Preis überhöht.  
Fällt der Fussball aufgrund eines Überangebots aus dieser Preisklasse heraus (und vor allem die mittelmäßig interessanten Europapokal- und Länderspiele sowie die Bundesliga-Soap-Show Ran), haben die jetzt beteiligten Geschäftspartner Nachteile. Der Preis wäre marktorientiert und nicht angebotsorientiert. Hier wird auch klar warum sich die Nachfrageseite gar nicht gegen die Situation wehrt:  
i) Jeder bekommt sein Stück vom Kuchen ii) Die überhöhten bezahlten Preise können komplett an die Werbung weitergegeben werden.  
 
 

 
 
 
 
  1. Das Urteil 
2. Die drohenden Konsequenzen
3. Die Bundesliga ein Kartell?(2)
4. Die Beteiligten und ihr Interessen
5. Fussball und Rechtsverständnis
  
 
 
 
 
 
 
 
 

Tatsächlich zahlen also die Werbung und damit die Käufer der Produkte überhöhte Preise für viel zu wenig Ware.  
2) Die Marktsegmentierung beruhigt die Dynamik des Wettbewerbs: Auch existierende Konkurrenzangebote werden von den über diesen Verteilungsschlüssel bedienten Sender (der eine bekommt Pokal- und Länderspiele, der zweite Champions-League, der dritte Bundesliga) nicht gekauft: Live-Übertragungen aus der Premier-League könnten sehr wohl eine Gefährdung der Bundesliga darstellen. Im Zuge der internationalen (vor allem auch europäischen) Vermischung der Spieler könnte sie erfolgreich über das Vehikel Engagement deutscher Stars nach Deutschland exportiert werden. Gibt es dann nicht einmal das Konkurrenzangebot von Bundesligaübertragungen, sondern lediglich tristes 2.Liga-Montagsabendsgekicke, wird die Bestellquote von Man-Utd.-Trickots sicherlich bald eine Bedrohung für manchen anderen Verein darstellen.  
So ist jeder Sender konkurrenzlos bedient. Auch der DSF-Montagabend wird ja komplett freigehalten, der maximal mögliche Output aus der Zielgruppe dem DSF garantiert.  
Die Preise sind für alle kalkulierbar und da sie steigen, schreien auch die Sender lieber nach Regeländerungen als nach einem freien Markt. Man darf mutmaßen, daß man nicht soviel Fussball unterbringen kann, um die überhöhte Preisstruktur der Spitzenware durch Masse wieder abzufangen.  
In den USA wurde 1961 ein Gesetz verabschiedet, daß die Zentralvermarktung möglich machte. Zuvor waren mehrere Spiele an einem Sonntag live übertragen worden, danach erfolgte eine Marktsegmentierung und Verknappung: Daraufhin stiegen die durchschnittlichen Einnahmen aus dieser TV-Quelle pro Klub innerhalb eines Jahres um fast 200%.(Quelle:Parlasca). Dazu muß man allerdings bemerken, daß diese Entwicklung in eine beginnende TV-Football-Boomphase hineinfiel. Ein wenig also wieder eine Frage nach Henne oder Ei.  

Der dritte Punkt: Die langfristige Perspektive. Der eigentliche Masterplan der Bundesliga ist es, den (Bundesliga-)Fussball weiter künstlich verknappt zu halten, um ihn dann exklusiv im Exklusiv-Fernsehen, dem Pay-per-View anzubieten und so dem Medium und den Plänen der Privaten, allen voram der Kirchgruppe, aber auch Bertelsmann, auf die Beine zu helfen. Gibt es erst einmal dank des Fussballs viele Pay-per-View- Kunden, liesse sich für beide mit Exklusivität und hohen Preisen Kasse machen. Ein freier Markt jetzt könnte diesen Plan zu Fall bringen. Warum soll ein Zuschauer den teuren Dekoder kaufen oder mieten, wenn er doch Fussball satt hat. Die Markteroberung (Markt heißt hier Wettbewerb zwischen Systemen wie Free-TV, Dekoder-TV aber auch PC-Internet und andere Medien) durch das Pay-per-View-Konzept würde schleppend langsam verlaufen, wäre ihres besten Motors beraubt. Wahrscheinlich könnte es nur noch über eine Freiverteilung von Dekodern (vergleiche die letztlich Einführung von Minitel in Frankreich, die dadurch ein nationales Phänomen blieb) wirklich zügig erreicht werden. Wieder ist das Interesse an der Kartellsituation sowohl auf der Seite der Anbieter wie der Abnehmer auch.  
In den USA kann man die zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Einführung von Pay-per-view vorwegsehen: Seit eh und je werden Footballspiele live im werbefinanzierten Fernsehen übertragen, Pay-TV? verschlüsselt? absurd! Geradeerst wurde für weitere 8 Jahre die komplette Ausstrahlung (live) im sogenannten Free-TV vertraglich abgesichert. Und Soccerclubs würden am liebsten Geld bezahlen, um in der Sport-Prime-Time bei den grossenTV-Stationen gesehen und kostenlos beworben zu werden. Anders ist die Situation im Baseball. Hier hat ein Verein nicht nur 16 reguläre Saison-Spiele wie beim Football, sondern 150. Diese wären im Free-TV kaum unterzubringen, erreichen sowieso nur geringe Einschaltquoten, also gibt es hier tatsächlich regionale Pay-TV-Verträge. Dies ist eher vergleichbar mit spanischem Fussball auf DF1, ein Angebot, was tatsächlich wahrscheinlich von einem anderen Anbieter gar nicht ermöglicht worden wäre.   
 

  NEXT PAGE 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 

 

4. Die Beteiligten und ihr Interesse am Erhalt des Kartells  
  

Wie in beinahe jedem Absatz läßt sich für alle Argumente jeglicher Beteiligter wie immer die alte Weisheit zitieren: Das Interesse bestimmt die Erkenntnis.  

Auffällig ist die zurückhaltende Kritik der Print-Medien an der Kartellsituation.  Dies ist nur daraus zu erklären, daß auch diese erheblich von der Situation profitieren. Ihre Bedeutung ist durch die künstliche Verknappung weitaus größer, als es sie bei einer umfassenden Berichterstattung wäre. Auch müssen sie fürchten, eine so ausführlich bediente Klientel erspart sich in Zukunft den Gang zum Kiosk. Drohende Veränderungen losen in Deutschland sowieso derzeit eher Angst aus. Kaum eine Reform, die nicht an der Panik irgendeiner betroffenen Gruppe zu scheitern droht. Dem Fussball geht es zwar zu gut und er ist zu international, als das er sich in eine ähnliche 'gelähmte' Rezession begeben würde, doch äquivalente Denkmuster und Reaktionen sind hier ebenso zu beobachten. Das Ende des Fussballs wird beinahe wöchentlich herbeigeschworen. Trotz ständiger radikaler Umsatzsteigerung soll der Ligafussball ständig vor dem Aus stehen. Dann muß hier wohl die geballte maximale Unfähigkeit in der Verantwortung stehen.  

Das Interesse der Vereine und der Sender am Kartell und damit seiner Erhaltung wurde im letzten Absatz ja schon abgehandelt. Trotzdem noch ein paar Bemerkungen:  
Der DFB argumentierte, die krankhafte Überhöhung der Preise für solch miserable Unterhaltung (bezieht sich auf die Situation: Stuttgart-Ekeren anstatt Stuttgart-Schalke, Wolfsburg-Duisburg als Freundschaftsspiel anstatt Kaiserslautern-Bayern), sei für alle das Beste, ein funktionierendes System. Und diene auch dem Bezahlenden, dem Fan. Der Markt allein nämlich besitze nicht die Kraft, eine interessante, aus konkurrenzfähigen Vereinen bestehende Liga zu erhalten.  
   
 

 
 
 
 
 
  1. Das Urteil 
2. Die drohenden Konsequenzen
3. Die Bundesliga ein Kartell?
4. Die Beteiligten und ihr Interessen
5. Fussball und Rechtsverständnis
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Nun, daß reiche Vereine ärmere Vereine im eigenen Interesse unterstützen könnten, daran will auch das Bundeskartellamt nichts rütteln. Bleibt also noch die drohende Verringerung der Gesamteinnahmen: Hier soll wieder soll der internationale Wettbewerb als Drohung und Vehikel zur Durchsetzung von Eigeninteressen herhalten. Eine Abwanderung der Spieler hätte eine Abwertung der Bundesliga sowie eine Aufwertung anderer Ligen zur Folge: Es ist also die Forderung nach einer Art verkappter Protektionismus: Einer Subvention über ein Gesetz zur künstlichen Manipulation des Wettbewerbs.  
Sieht sich die Bundesliga als Veranstalter, ist die spanische Liga ihr Konkurrent. (Es gibt ja auch noch einen internationalen Markt). Ist die Bundesliga nun auf diese Weise künstlich subventioniert, kann man jetzt schon europa- und wettbewerbsrechtliche Bedenken anmelden: Eine Lösung muß international, allermindestens EU-weit getroffen werden. Die Fussballvereine wollen ins Geschäft, die Fussballvereine wollen an die Börse, Fussballvereine werden in Immobiliengeschäften und anderen tätig werden oder in Nöte geratene Auslandsklubs aufkaufen. Es wird nicht gelingen, die zwangsläufigen Aktivitäten solcher Klubs als Kulturpolitik zu kaschieren. Die EU kann eine per Bundesgesetz implementierte so getrickste Subventionierung der Interessen nationaler Unternehmen zum Nachteil anderer niemals dulden. Wäre Bayern München bereits an der Börse, würde bei der Ankündigung eines Kartellausnahmegesetzes die Aktie steigen, bei Einschreiten der EU-Wettbewerbshüter wieder absacken. Bayern würde wahrscheinlich interessenmotiviert die EU verteufeln, doch letztlich Schuld wäre eine regionale kurzsichtige und egoistische Maßnahme zur Verschaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber europäischen Konkurrenten.  
Hierzu auch: Kurzkommentar des Bundeskartellamtes  

Daß der Schuß einer Marktregulierung auch nach hinten losgehen kann, scheint die diesjährige Hallenrunde zu zeigen. In den letzten Jahren herrschte hier ein Innovationswettbewerb verschiedener Veranstalter vor. Die Runde boomte. Dann wurde zunächst die Regelinnovation durch eine Vereinheitlichung gestoppt, anschließend über das Masters die Turniere immer mehr unter das Reglement des DFB gebracht. In diesem Sommer versuchte der DFB durch Bedrohung potentieller Teilnhemer an Nicht-Hallencup-Turnieren bzw. der Zwangsteilnahme am Hallenncup(Masters) selbst, die Veranstalter von Konkurrenzturnieren vom Markt zu drängen. Die Folge: Langweilige Turniere vor leeren Hallen, in denen der sportliche Wettbewerb, der Sieg in einem doch unbedeutenden Wettbewerb, und nicht mehr das Entertainment durch Tricks im Vordergrund stand. Lediglich aufgelockert durch die Farce der Mannschaften, die zu verlieren suchten, um dem Finale zu entgehen. Auch die Veranstaltungsorte regelt jetzt nur noch bedingt der Markt, eher das Interesse der 'Planwirtschafts-Planungskommission'. Das diese dann auch noch ein schlechtes Reglement schönzureden versuchten, in dem sie dem Verlierer eines Fussballspiels (Bayern München) den schwarzen Peter zuschoben (ein Zweck eines Fussballspiels ist es einen Verlierer und einen Sieger in einem Wettbewerb zu ermitteln), demonstriert die Erklärungsnot für den diesjährigen Fehlschlag. Trotz bester Werbung durch die Fachpresse (der Kicker hatte erst zwei Tage vorher echte Endspiele für jede Gruppe angekündigt)  langweilte sich der Zuschauer, auch wenn er wiedereinmal noch bezahlt hatte.  
 

  NEXT PAGE 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

5. Der Fussball und sein Verhältnis zu Recht und Gesetz  

Der zugrundeliegende Kartellrechts-Fall reiht sich ein in eine Serie von Konflikten, die der Fussball seit seinem Aufstieg von Sportvereinen zu Wirtschaftsunternehmen mit dem Gesetz austragen muss. Freie Wahl des Arbeitsplatzes (EU-Recht), bezahlter Urlaub (Arbeitsrecht) oder zentrale Vermarktung der EC-Spiele (Kartellrecht) werden nicht die letzten Stichworte sein, bei denen Gerichte die Welt- und Rechtsfremdheit der Fussballfunktionäre blossstellen müssen. Wie aber sogar angebliche Juristen ernsthaft davon ausgehen konnten, mit den gesetzeswidrigen Zuständen im Fussball weiter Kasse machen zu können, ist kaum erklärbar. Die Drohung des Stuttgarter Präsidenten Mayer-Vorfelder mit dem Untergang des Fussballs oder mit dem schwarzen Bildschirm (also damit, sich ab sofort zu weigern, Geld mit dem Verkauf von Fernsehrechten einzunehmen, haha) kann nicht ernstgemeint sein. Zudem sie von einem Mann kommt, der die Belange des deutschen Bundesligafussballs als Ligaausschussvorsitzender und die Belange des Weltfussballs als FIFA-Vizepräsident mitdirigieren soll.  
Der Schmerz über die Beschädigung der 'heiligen' Allianz bestimmter Politiker, bestimmter Medien-Mogule und bestimmter Fussballfunktionäre mögen den sogenannten 'Ligaboss' zu solchen Sätzen verleitet haben.  

Vielleicht steckt auch eine politische Strategie dahinter. Schließlich könnte über eine solche Panikmache Politiker in Wahlkampfzeiten zu einem populistischen Schnellschuß gebracht werden. Keiner möchte sich da dem Fussball in den Weg stellen.  

Längst hätten diese vorhersehbaren logischen Gerichtsentscheidungen aber auch von der Administration der Liga und der Verbände vorbereitet werden müssen, anstatt die Gerichte und Kläger mit biederer populistischer Polemik einzuschüchtern zu suchen. Die Ignoranz, Arroganz und Untätigkeit der Funktionäre im Vorfeld erst lässt die Situation danach so fatal erscheinen. Dieses war vor allem schon beim Bosman-Urteil so.  
  
 

 
 
 
 
 
  1. Das Urteil 
2. Die drohenden Konsequenzen
3. Die Bundesliga ein Kartell?
4. Die Beteiligten und ihr Interessen
5. Fussball und Rechtsverständnis
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Fussball ist schon ein eigenartiger Sport. Grüne Politiker werden hier zu möchtegern Kindersklavenhändlern, die junge afrikanische Rohstoffe für ihren Verein aus der benachteiligten 3.Welt unter dem Diktat der weltwirtschaftlichen Situation abschürfen wollen. Protagonisten aus Parteien glühender Verfechter der Marktwirtschaft wiederum kämpfen vehement, den Sport einerseits als ernsthaften Wirtschaftszweig zu etablieren, andererseits aber über Kartell-Steuerung und zusätzliche  
Lex-Fussball-Gesetzgebung bestimmte Kräfte des Marktes oder die existierende für alle anderen Wirtschaftszweige gültige Gesetzgebung ausser Kraft zu setzen und ihnen somit ein Instrument einer Art Planwirtschaft in die Hand zu geben. Heute fordert man ein Gesetz zur Sonderstellung des Fussballs aufgrund seiner kulturellen Rolle, morgen will man Verbandsentscheidungen boykottieren, weil man sich als einen Spieler bezahlendes Wirtschaftsunternehmen fühlt. Heute werden Gesetzgebungsinitiativen zur Sonderstellung des Fussballs bei Fernsehrechten (WM-Finale für alle) verteufelt, morgen soll der Gesetzgeber eine Kartellrechtsausnahme zur Überhöhung der Fernsehgewinne der Bundesliga verabschieden.  
Welch heuchlerischen Beigeschmack die Forderungen des Fussballs an die Politik hat, zeigen die Gedankengänge des Liga-Ausschußvorsitzenden Mayer-Vorfelder in einem Zeitungsinterview mit der Welt am Sonntag vom 25.Januar: Die Reduzierung auf einen Ab- und Aufsteiger, der nicht mehr nur nach sportlichen Kriterien bestimmt werden soll, wird hier angeregt. Dies ist eine eindeutige Bewegung zur weiteren Kartellisierung des Systems mit einer winzigen Zugangstür, damit die Sache erstens nicht rechtilich völlig eindeutig wird und zweitens das Kartell sich sogar über den Abstoß schwacher und Zustoß potientiell starker potentieller Konkurrenten erneuern kann. (PS: Dieses Kartell stände sofort vor der totalen Pleite, bildete sich ein höherwertiges Äquivalent auf europäischer Ebene, soviel zum Thema Planungssicherheit)  
Der DFB, in Angst vor einer Abstaltung der finanziellen Zuglokomotive, steht (mit Kompromissen) dieser Kartellbildung nicht im Weg. Ausserdem partizipert er an den höheren Einnahmen.  

Ist der Fussball also doch nicht schizophren? Sind seine Funktionäre doch nicht dumm oder lassen im Fussball nur infantil ihren intuitiven Instinkten freien Lauf? Sind dies alles doch nur wohlberechnete Kampagnen zur Durchsetzung von Interessen bei einer in Deutschland am Sport bis dato recht uninteressierten Politik (keine Einmischungen in die Verbandsangelegenheiten)?  

Für das Wohl des Fussballs muss versucht werden, dass alle Regelungen auf möglichst höchster Ebene, EU, UEFA oder am besten FIFA und Welthandelsabkommen getroffen werden, damit internationaler Wettbewerb unverzerrt bleibt und die Dämagogie, mit der die Furcht vor Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit geschürt wird, entschärft werden kann. Diese Furcht muss nur zu oft zur Durchsetzung persönlicher Interessen und Ansichten herhalten. Haben hier alle 'Marktteilnehmer' etwa gleiche Vorraussetzungen, kann eine gesetzliche Kartellausnahme tatsächlich nur dem dienen, dem die Konstruktion heute auch schon dient: Die Taschen der Spieler und vor allem ihrer Berater zu Bersten zu bringen oder fußballfremde Geschäftsinteressen von mit Fußballfunktionären verbandelten Unternehme(r)n, wie das Pay-per-view-Fernsehen, künstlich zu subventionieren. Hier kommt noch eine kleine politische Komponente ins Spiel: Die Stärkung eines Konkurrenten der Institutionen, die immer wieder kritisch mit einem Politiker Mayer-Vorfelder auseinandergestzt hatten. Der Name ist aber hier nur ein Beispiel für zahlreiche Verbindungen des Fussballs über Personen zu einer bestimmten Seite der Politik. Es kann dies genausogut Freundesbande oder Konflikte mit der 'Gegenseite' beinhalten. Der Fussball ist mitnichten politikfrei.  

Zur Lektüre unbedingt empfohlen: Susanne Parlasca: Kartelle im Profisport, Verlag Wissenschaft und Praxis, Ludwigsburg/Berlin 1993  

P.S. Ein Blick nach Spanien könnte helfen, sich auf die Situation freie Bundesliga-Rechte vorzubereiten. Dort ist die Vermarktung durch die Vereine längst Tatsache. Man könnte ja mal nachfragen, ob der Fussball dort schon wegen Geldmangel auf dem Sterbebett liegt...   
 

  BACK TO TOP