Fussball ist schon ein eigenartiger
Sport. Grüne Politiker werden hier zu möchtegern Kindersklavenhändlern,
die junge afrikanische Rohstoffe für ihren Verein aus der benachteiligten
3.Welt unter dem Diktat der weltwirtschaftlichen Situation abschürfen
wollen. Protagonisten aus Parteien glühender Verfechter der Marktwirtschaft
wiederum kämpfen vehement, den Sport einerseits als ernsthaften Wirtschaftszweig
zu etablieren, andererseits aber über Kartell-Steuerung und zusätzliche
Lex-Fussball-Gesetzgebung bestimmte
Kräfte des Marktes oder die existierende für alle anderen Wirtschaftszweige
gültige Gesetzgebung ausser Kraft zu setzen und ihnen somit ein Instrument
einer Art Planwirtschaft in die Hand zu geben. Heute fordert man ein Gesetz
zur Sonderstellung des Fussballs aufgrund seiner kulturellen Rolle, morgen
will man Verbandsentscheidungen boykottieren, weil man sich als einen Spieler
bezahlendes Wirtschaftsunternehmen fühlt. Heute werden Gesetzgebungsinitiativen
zur Sonderstellung des Fussballs bei Fernsehrechten (WM-Finale für
alle) verteufelt, morgen soll der Gesetzgeber eine Kartellrechtsausnahme
zur Überhöhung der Fernsehgewinne der Bundesliga verabschieden.
Welch heuchlerischen Beigeschmack
die Forderungen des Fussballs an die Politik hat, zeigen die Gedankengänge
des Liga-Ausschußvorsitzenden Mayer-Vorfelder in einem Zeitungsinterview
mit der Welt am Sonntag vom 25.Januar: Die Reduzierung auf einen Ab- und
Aufsteiger, der nicht mehr nur nach sportlichen Kriterien bestimmt werden
soll, wird hier angeregt. Dies ist eine eindeutige Bewegung zur weiteren
Kartellisierung des Systems mit einer winzigen Zugangstür, damit die
Sache erstens nicht rechtilich völlig eindeutig wird und zweitens
das Kartell sich sogar über den Abstoß schwacher und Zustoß
potientiell starker potentieller Konkurrenten erneuern kann. (PS: Dieses
Kartell stände sofort vor der totalen Pleite, bildete sich ein höherwertiges
Äquivalent auf europäischer Ebene, soviel zum Thema Planungssicherheit)
Der DFB, in Angst vor einer Abstaltung
der finanziellen Zuglokomotive, steht (mit Kompromissen) dieser Kartellbildung
nicht im Weg. Ausserdem partizipert er an den höheren Einnahmen.
Ist der Fussball also doch nicht
schizophren? Sind seine Funktionäre doch nicht dumm oder lassen im
Fussball nur infantil ihren intuitiven Instinkten freien Lauf? Sind dies
alles doch nur wohlberechnete Kampagnen zur Durchsetzung von Interessen
bei einer in Deutschland am Sport bis dato recht uninteressierten Politik
(keine Einmischungen in die Verbandsangelegenheiten)?
Für das Wohl des Fussballs muss
versucht werden, dass alle Regelungen auf möglichst höchster
Ebene, EU, UEFA oder am besten FIFA und Welthandelsabkommen getroffen werden,
damit internationaler Wettbewerb unverzerrt bleibt und die Dämagogie,
mit der die Furcht vor Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
geschürt wird, entschärft werden kann. Diese Furcht muss nur
zu oft zur Durchsetzung persönlicher Interessen und Ansichten herhalten.
Haben hier alle 'Marktteilnehmer' etwa gleiche Vorraussetzungen, kann eine
gesetzliche Kartellausnahme tatsächlich nur dem dienen, dem die Konstruktion
heute auch schon dient: Die Taschen der Spieler und vor allem ihrer Berater
zu Bersten zu bringen oder fußballfremde Geschäftsinteressen
von mit Fußballfunktionären verbandelten Unternehme(r)n, wie
das Pay-per-view-Fernsehen, künstlich zu subventionieren. Hier kommt
noch eine kleine politische Komponente ins Spiel: Die Stärkung eines
Konkurrenten der Institutionen, die immer wieder kritisch mit einem Politiker
Mayer-Vorfelder auseinandergestzt hatten. Der Name ist aber hier nur ein
Beispiel für zahlreiche Verbindungen des Fussballs über Personen
zu einer bestimmten Seite der Politik. Es kann dies genausogut Freundesbande
oder Konflikte mit der 'Gegenseite' beinhalten. Der Fussball ist mitnichten
politikfrei.
Zur Lektüre unbedingt empfohlen:
Susanne Parlasca: Kartelle im Profisport, Verlag Wissenschaft und Praxis,
Ludwigsburg/Berlin 1993
P.S. Ein Blick nach Spanien könnte
helfen, sich auf die Situation freie Bundesliga-Rechte vorzubereiten. Dort
ist die Vermarktung durch die Vereine längst Tatsache. Man könnte
ja mal nachfragen, ob der Fussball dort schon wegen Geldmangel auf dem
Sterbebett liegt...
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